Erinnern für eine gemeinsame Zukunft
Ausgangspunkt des multimedialen Zeitzeugenprojektes „Zwei Seiten der Geschichte – Erinnern für eine gemeinsame Zukunft“ ist die im Jahr 2002 im Göttinger Verlag Vandenhoeck & Ruprecht erschienene gleichnamige Doppelbiographie.
Im Rahmen des Projektes entwickelte ein ehrenamtliches Team aus Historikern, Filmautor/innen, Pädagogen, Archivar/innen und historisch interessierten Laien ein multimediales Drehbuch, das u. a. jeweils mehr als 120 Textausschnitte, Videos, Fotos und Dokumente enthält.
Prof. Wilma und Georg Iggers sowie mehr als 20 weitere Zeitzeugen haben sich dafür dankenswerterweise zu Interviews an Originalschauplätzen in Deutschland, Tschechien, Kanada und den USA zur Verfügung gestellt.
Dieses didaktisch aufbereitete Internetangebot ist das Ergebnis einer jahrelangen ehrenamtlichen Tätigkeit. Eine ständige Überarbeitung und Ergänzung ist geplant. Für Anregungen ist der gemeinnützige Verein Brücken Bauen e.V. dankbar.
Kindheit und Emigration von Böhmen nach Kanada
Wilma Iggers wird als erste Tochter des jüdischen Gutsbesitzers Abeles im Jahre 1921 in einem kleinen Dorf in Böhmen in der damaligen Tschechoslowakei geboren. Im Jahre 1933 wechselt sie von der deutschen Schule in Bischofteinitz, dem heutigen Horsovsky Tyn, an das tschechische Gymnasium in Domazlice. Wilma Abeles flüchtet mit einer großen Gruppe von Verwandten kurz nach dem Münchener Abkommen und wenige Tage vor dem Einmarsch der Deutschen Wehrmacht in Böhmen in das Innere der Tschechoslowakei. Von da emigrieren sie nach Hamilton in Kanada. Wilma Abeles studiert an einem kleinen College in der Provinz Ontario die Fächer Germanistik und Romanistik.
Kindheit und Emigration von Hamburg in die USA
Georg Iggersheimer wird als Sohn eines jüdischen Kaufmanns im Jahre 1926 in Hamburg geboren. Er wird dort im April 1933, kurz nach dem Beginn der Hitlerdiktatur, in der Knabenschule Knauerstraße eingeschult. Sehr früh entwickelt er ein starkes Interesse an der jüdischen Kultur und Religion. Weil es zu Konflikten mit den Eltern kommt, verbringt er 1937/1938 ein knappes Jahr in einem jüdischen Kinderheim in Esslingen. Im Oktober 1938, wenige Wochen vor der Reichspogromnacht, emigriert die Familie Iggersheimer über England nach Richmond in die USA. Dort nimmt Georg, wie seine Eltern und seine Schwester, den Nachnamen Iggers an und besucht zunächst die Highschool. Aber schon als Fünfzehnjähriger geht er in die dortige Universität. Er ist konfrontiert mit der Benachteiligung der schwarzen Bevölkerung und bildet mit schwarzen Kommilitonen eine Studentengruppe, die sich gegen die Rassentrennung ausspricht.
Aktiv in der Schwarzen Bürgerrechtsbewegung
Wilma Abeles und Georg Iggers lernen sich an der Universität Chicago nach dem zweiten Weltkrieg kennen, wo sie Germanistik bzw. Geschichte studieren und später dann promovieren. Im Jahre 1949 heiraten sie und bekommen in den nächsten Jahren drei Kinder: Jeremy, Daniel und Jonathan. Ein Jahr später entscheiden sie sich für eine Dozentenstelle an einem kleinen schwarzen College in Little Rock im Staat Arkansas. In den nächsten Jahren führen sie wissenschaftliche Untersuchungen über die Situation an schwarzen Highschools durch, die vor Gericht als wichtige Begründung für die Einschulung der ersten schwarzen Schülerin an einer weißen Highschool im Jahr 1957 vorgebracht werden. Nach weiteren Jahren des Engagements als einige der wenigen weißen in der Schwarzen Bürgerrechtsbewegung kehren sie 1961 mit ihren Kindern zum ersten Mal für eine längere Zeit nach Deutschland zurück, wo sie in Göttingen wissenschaftlich arbeiten. Ab 1965 finden Wilma und Georg Iggers Professorenstellen in Germanistik und Geschichte in Buffalo im Staat New York. Ein Jahr später kehrt Wilma Iggers in die Tschechoslowakei zurück, in ihren Heimatort, das heutige Horsovsky Tyn, und sucht nach den Resten der eigenen Kindheit. Sie knüpft Kontakte zu vielen Menschen, die am Schicksal der jüdischen Minderheit interessiert sind.
Kontakte in Europa und aller Welt
Als international anerkannte Wissenschaftler schlagen sie ab den 70er Jahren Brücken, nicht nur in die Bundesrepublik und die damalige DDR, sondern auch nach Asien. So gehören sie zu den ersten US-Amerikanern die 1984 einen längeren Auslandsaufenthalt in der Volksrepublik China verbringen.
nach Deutschland und in die Tschechische Republik
Nach der Wiedervereinigung nehmen sie die Deutsche Staatsbürgerschaft an und verbringen jeweils eine Jahreshälfte in Göttingen und eine in Buffalo. Wilma und Georg Iggers engagieren sich als Wissenschaftlerin und Wissenschaftler in Deutschland, in Tschechien, in Europa und der ganzen Welt - und werden dafür anerkannt. Bei zahlreichen Vorträgen und Gesprächen mit Jugendlichen, vor allem in Deutschland, aber auch in Tschechien und in den USA, berichten sie von ihrer Kindheit und Jugendzeit sowie von der Flucht aus Nazi-Deutschland bzw. vor der einmarschierenden Hitler-Wehrmacht. Als Zeitzeugen machen sie für die heutigen Generationen die Geschichte des Holocaust erlebbar. Damit leisten sie einen wichtigen Beitrag zum besseren Verständnis von Menschen unterschiedlicher Kulturen und Religionen. Ihr außergewöhnliches Leben spiegelt ein Jahrhundert wieder, in dem versucht wurde, aus ideologischem Wahn eine Kultur zu zerstören. Im hohen Alter erfahren sie die Wertschätzung für ihr Lebenswerk als Brückenbauer zwischen Schwarz und Weiß, zwischen Ost und West, zwischen Deutschen und Tschechen, zwischen Juden und Christen. Wilma Iggers erhält aus den Händen des tschechischen Außenministers im Jahr 2004 in Prag den Masaryk-Preis.
ein nachhaltiger Beitrag zur interkulturellen Verständigung
Der Verein Brücken Bauen e. V. hat sich mit Hilfe dieses Oral History Projektes über einen Teilbereich des Holocaust zum Ziel gesetzt, einen nachhaltigen Beitrag zur interkulturellen Verständigung, gegen Rassismus und für ein friedliches Miteinander von Menschen unterschiedlicher Religion und ethnischer Abstammung zu leisten. Die Webseite, die auch teilweise Informationen in englischer Sprache beinhaltet, sieht sich als einen Beitrag gegen das Vergessen der Schrecken der NS-Diktatur und der Flucht von Hunderttausenden Jüdinnen und Juden aus Deutschland bzw. aus den von Deutschland besetzten Ländern Europas. Gleichzeitig ist beabsichtigt, aufbauend auf der Lebensgeschichte von Wilma und Georg Iggers, Menschen in unserer Gegenwart angesichts von rassistischen und fremdenfeindlichen Tendenzen in unserer Gesellschaft zur Zivilcourage und zum demokratischen Handeln zu ermutigen. Im Einzelnen richtet sich das didaktisch aufbereitete Projekt an:
Der GoLive unseres neuen Web-Designs ist erfolgt! Wir haben die Gestaltung der Website verbessert und für mobile Geräte optimiert. Außerdem kann die Merkzettel-Funktion nun von jedem Benutzer - auch ohne Anmeldung - verwendet werden.
Congratulations to our honorary member!
Non-profit Association “Brücken Bauen e.V.” (“Building Bridges”, Herford/Germany)
Georg G. Iggers † 7. Dezember 1926 - 26. November 2017
Wir trauern um Prof. Dr. Georg G. Iggers, Träger des Bundesverdienstkreuzes Erster Klasse. Er ist am Morgen des 26. Novembers in Amherst, N.Y. verstorben.
Der Verein Brücken Bauen e. V. - Verein zur Förderung von interkutureller Verständigung (Herford) spricht Frau Prof. Dr. Wilma Iggers und ihrer Familie das herzlichste Beleid aus. Wir werden unserem Ehrenmitglied Georg Iggers ein ehrendes Andenken bewahren.
Diese Webseite ist dem beispielhaften Leben von Georg und Wilma Iggers, ihrem Einsatz fur ein humanes Miteinander zwischen Menschen unterschiedlicher Religion, Hautfarbe, politischer Anschauung und kultureller Prägung gewidmet.
Ihr Engagement als wissenschaftliche und menschliche Brückenbauer zwischen Ost und West in Europa und weltweit im 20. und 21. Jahrhundert werden wir nicht in Vergessenheit geraten lassen.
Vorstand des Vereins Brücken Bauen e. V.
Herford, im Dezember 2017
Die Annual Letters (Jahresbriefe) von Wilma und Georg Iggers
Georg und Wilma Iggers haben ab dem Jahr 1960 jeweils zum Ende des Kalenderjahres an Mitglieder der eigenen Familie, Freund/innen und wissenschaftliche Kolleg/innen Rundbriefe verschickt. Diese sind in der englischen Sprache verfasst. In diesen Briefen haben sie das vergangene Jahr noch einmal Revue passieren lassen und berichten über die Familie, berufliche Aktivitäten und Reisen, die sie durchgeführt haben. Weiterhin kommentieren sie die jeweilige aktuelle Entwicklung und Ereignisse auf nationaler und internationaler Ebene. Im Unterkapitel Jahresbriefe / Annual Letters werden die uns bisher vorliegenden Jahresbriefe dokumentiert.