High School Untersuchung Little Rock

Bald nachdem ich in den Vorstand der Ortsgruppe aufgenommen worden war, wurde ich mit dem Vorsitz des Schulausschusses (education committee) betraut…Ich bereitete jetzt für die NAACP Untersuchungen über Ungleichheiten in den staatlichen Schulen in Arkansas vor, zuerst in zwei Kleinstädten im Osten des Staates, Brinkley und West Helena. Bis 1954 galt auch hier die »Equal-but-separate«-Doktrin und von Gleichheit war noch immer keine Spur. Die schwarzen Schulen waren viel schlechter ausgestattet als die weißen und überfüllt; die Gehälter der schwarzen Lehrer - es waren in fast allen Fällen Lehrerinnen - lagen bedeutend niedriger als die der weißen, in vielen Fällen unter eintausend Dollar jährlich, ein richtiger Hungerlohn. Der Lehrplan war nicht derselbe; Schwarze wurden für untergeordnete Funktionen ausgebildet.

Schwarze Anwälte begleiteten mich bei meinen Auftritten. In beiden Orten wurden wir von schwarzen Lehrern und Lehrerinnen empfangen, die uns durch die schwarzen Schulen führten und mit uns die akuten Probleme besprachen. Ich suchte dann den weißen Schulinspektor (superintendent) auf, der die Schulen verwaltete, diesmal allerdings ohne schwarze Begleitung, stellte mich als Doktorand des Pädagogischen Instituts der Universität Chicago vor und erhielt sogleich Antworten auf alle meine Fragen. Wilma ging dann in Little Rock zum bundesstaatlichen Schulministerium, stellte sich dort ebenfalls als Doktorandin aus Chicago vor und erhielt ohne weiteres alle statistischen Auskünfte, die wir benötigten. So wurden die Grundlagen der Prozessführung gegen diese beiden Schulbezirke gelegt.

Danach prüften wird die Schulsituation in Little Rock am Beispiel der weißen Little Rock High School und der schwarzen Dunbar High School. Sie lagen nur wenige hundert Meter voneinander entfernt und unterschieden sich doch grundsätzlich. Little Rock High School war in den zwanziger Jahren für 3.000 Schüler gebaut worden, beherbergte aber 1950/51 nur 1.438. Dunbar High School, in einem älteren Gebäude untergebracht, das für 1.000 Schüler geplant gewesen war, hatte 1.800 Schüler. Die Ausgaben pro Schüler differierten stark. Im Schuljahr 1950/51 lagen sie pro Kopf bei 225 Dollar in der Little Rock High School und bei nur 164 Dollar in der Dunbar High School. Wegen Platzmangels dauerten Unterrichtsstunden in der Dunbar High School nur 42 Minuten, dagegen normale fünfundfünfzig Minuten in der Little Rock High School. Auch die Lehrpläne waren ganz unterschiedlich. Die Schüler der Little Rock High School wurden mit humanistischen und naturwissenschaftlichen Kursen, die an der Dunbar High School zumeist nicht existierten, auf das College vorbereitet oder auch für handwerkliche Berufe wie Automechanik, Drucktechnik, Fotografie und andere ausgebildet, in Fachkursen, die an der Dunbar High School völlig fehlten. An der Little Rock High School wurden so über neunzig Kurse angeboten, für die es kein Äquivalent an der Dunbar High School gab. Am Schluss eines ausführlichen Berichts schlug ich als ersten Schritt zur Überwindung der Ungleichheit vor, schwarzen Schülern von der Dunbar High School die Möglichkeit zu geben, an der Little Rock High School Kurse zu belegen, die an ihrer Schule nicht angeboten wurden.

Quelle: Zwei Seiten der Geschichte, S. 107 ff – Georg Iggers

Katalog-Nr.: T0013