Straßenbahn

An einem unserer ersten Abende in New Orleans begleitete ich Wilma mit den Kindern zu ihrem Unterricht an die Tulane University. Ich überließ ihr das Auto und wollte mit den Kindern mit der Straßenbahn nach Hause fahren. Wir kamen ohne Probleme zur Canal Street in der Innenstadt, wo wir umsteigen mussten, und setzten uns auf die letzte Bank, wo wir alle Platz hatten. In Little Rock war die Rassentrennung in den öffentlichen Verkehrsmitteln schon aufgehoben und irgendwie hatte ich nicht daran gedacht, dass das in New Orleans noch nicht der Fall war. Mit den Kindern - Jonathan war damals noch nicht zwei - und ohne Zeugen hatte ich jedenfalls nicht vor, das Gesetz zu testen. Als der Schaffner die Bahn anhielt und mich aufforderte, mit den Kindern in den vorderen Teil zu gehen, sagte ich ihm, das widerspreche dem Bundesgesetz und blieb sitzen. Die Bahn blieb mitten im Verkehr stehen, bis zwei matronenhafte Polizistinnen eintrafen, mich unter den Arm nahmen und abführten. Verhaftet haben sie mich dann nicht, sondern ließen uns auf der Straße stehen und fragten mich nur, ob ich mich denn unter meinen eigenen Leuten nicht wohler fühle. Wir hatten solches schon öfters gehört.

Quelle: Zwei Seiten der Geschichte, S. 127 – Georg Iggers

Katalog-Nr.: T0018