Im ganzen Land, aber besonders an einer kleinen Anzahl von Universitäten, darunter auch Buffalo, hatte sich in den sechziger Jahren das politische Klima unter den Studenten radikal geändert. Den Hintergrund hierfür bildeten die Bürgerrechtsbewegung und der Vietnamkrieg. 1962 wurde in Port Huron (Michigan) die Vereinigung Students for a Democratic Society gegründet, deren Abkürzung “SDS” zufällig identisch war mit der des “Sozialistischen Deutschen Studentenbundes” in der Bundesrepublik, mit dem auch gewisse Ähnlichkeiten bestanden. Der amerikanische SDS war allerdings viel pragmatischer, also weniger ideologisch ausgerichtet als der deutsche. Ein zentrales Anliegen des SDS war die amerikanische Außenpolitik, die aus seiner Sicht eng mit der kapitalistischen Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung verflochten war: Kolonialismus, Imperialismus und Rassismus waren allesamt Aspekte dieser Gesellschaftsordnung. Die Kapitalismuskritik bezog sich nicht nur auf Wirtschaft und Politik, sondern auch auf das Kultur- und Alltagsleben. Man strebte eine alternative Kultur an, die vom Zwang zu Konformität und Erfolg befreit sein sollte. Die kritische Theorie der Frankfurter Schule wurde rezipiert, wobei Herbert Marcuse, der mehrmals nach Buffalo kam, viel bekannter war als Marx Horkheimer oder Theodor W. Adorno und auch Foucalt bald eine wichtige Rolle spielte.
Quelle: Georg Iggers, Zwei Seiten der Geschichte, S. 173