Ich bin am 23. März 1921 in dem Dorf Mirschikau geboren, das sich sowohl dem Böhmerwald als auch dem Egerland zurechnete; mein Geburtshaus ist die Villa, die auf dem Mirschikauer Trauttmansdorffschen Pachthof 1919 für meine Eltern gebaut wurde. Das Monogramm meiner Eltern an der Fassade der Villa deutete darauf hin, dass man mit einer längeren Pachtzeit zwischen 12 und 24 Jahren rechnete. Meine Schwester Marianne kam dort nicht ganz zwei Jahre später auf die Welt.
Meine Mutter Elsa, geborene Ornstein, stammte aus Waldmünchen in Bayern, gerade jenseits der Grenze. Ihre Eltern waren böhmische Juden, Großmutter mehr deutsch und Großvater mehr tschechisch. Sie waren als junges Ehepaar nach Waldmünchen gezogen, kamen erst 1933 wieder zurück und wohnten dann uns schräg gegenüber in Bischofteinitz (tschechisch: Horšovský Týn), bis wir alle fliehen mussten. Meine Mutter und ihre Schwestern gingen in die einzige Waldmünchener Mädchenschule, die von den Schulschwestern geleitet wurde. Sie lernte so gut, dass die Schwestern meinen Großeltern rieten, sie Nonne werden zu lassen. Mein Vater Karl Abeles stammte von böhmischen Landjuden ab, die in Dörfern vom Böhmerwald landeinwärts Landwirtschaft betrieben. Sie sprachen miteinander hochdeutsch, mit den Dienstboten und den Hofleuten im Dialekt.
Quelle: Zwei Seiten der Geschichte, S.11- Wilma Abeles