Die Familie Mela, die in einem vornehmen Vorort von New York wohnte, nahm meine achtjährige Schwester zu sich und meldete sie unter dem Namen Lena Iggers an, weil - so erklärten sie meinen Eltern - der Name Igersheimer zu unamerikanisch klinge. Wie ich wohl zu Recht vermutete, ging es ihnen dabei wohl weniger darum, dass der Name zu deutsch, als dass er zu jüdisch sei. Meine Eltern sahen sich vor vollendete Tatsachen gestellt, widersprachen jedoch nicht, weil besonders mein Vater in einem neuen Land nicht auffallen wollte; ihre jüdische Herkunft wollten sie gleichwohl nicht verleugnen. Ich aber war empört und führte den Namen Igersheimer in der Schule weiter. Mehrere Jahre später, kurz vor meinem High-School-Abschluss, änderte die Schule auf Wunsch meiner Eltern meinen Namen auf George Iggers. Da dies sämtliche Unterlagen betraf und auch meine Immatrikulation an der Universität Richmond auf diesen Namen ausgestellt war, blieb mir nichts anderes übrig als nachzugeben. Ein amerikanischer Bekannter, der Deutsch konnte, witzelte später, ich sei nach meiner Vertreibung aus Deutschland nicht nur heimat-, sondern auch heimerlos geworden.
Quelle: Zwei Seiten der Geschichte, S. 66 f – Georg Iggers