Obwohl die jüdische Gemeinde in Göttingen auf dem Papier noch bestand, gab es sie in Wirklichkeit vor ihrer Reaktivierung im Jahr 1994 nicht mehr. Wir kannten in Göttingen außer uns nur drei Leute, die sich zum Judentum bekannten, den Oberbürgermeister Artur Levi sowie Emil Adler, einen Germanisten, und seine Frau Eugenia, die 1968 aus Warschau gekommen waren. Soweit wir wussten, hielten wir, wenn wir im Frühjahr in Göttingen waren, dort den einzigen Seder. Wir luden dazu auch nicht-jüdische Gäste ein, wie wir es auch in Buffalo taten. 1979 erfuhr die örtliche Zeitung von unserem Seder und schickte einen Reporter und einen Fotografen.
Ich ging oft zu den Veranstaltungen der Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit. Im Sommer 1972 fuhren wir mit Hannah Vogt, der Vorsitzenden der Gesellschaft, zu einem einwöchigen Aufenthalt auf dem Land in der Nähe von Köln, wo sich eine Gruppe von jüdischen Jugendlichen aus dem Londoner East End, die noch nie Kontakte zu Deutschen gehabt hatten, mit deutschen Jugendlichen traf, die noch nie Juden kennen gelernt hatten.
Quelle: Zwei Seiten der Geschichte, S. 247 – Georg Iggers