Globalisierung
Was in der Historiographie-Geschichte allerdings bis heute fehlt, ist ein globaler Überblick in unserem globalen Zeitalter. In einem gemeinsam mit meinem Freund und Kollegen Wang Qingjia entworfenen Buchprojekt werden wir Mitte des 18. Jahrhunderts ansetzen, weil sich zu der Zeit im Westen, aber in mancher Hinsicht auch in China eine neue, »moderne« Einstellung zur Geschichte und zur Geschichtsforschung durchsetzte, dann aber einen verschärften Blick auf die außerwestliche Welt werfen. Hier existieren zwei weitere alte Traditionen der Geschichtsschreibung: die fernöstliche und die islamische. In der hinduistischen Welt und in Afrika südlich der Sahara nahm die Darstellung der Geschichte dagegen weniger formal-wissenschaftliche Formen an. Zweifellos hat der Westen im Zuge eines globalen Modernisierungsprozesses einen enormen Einfluss auf das Geschichtsdenken und die Geschichtsschreibung der nichtwestlichen Welt ausgeübt, aber dieser Einfluss stieß nicht auf ein Vakuum, sondern auf einheimische Traditionen, die diesen Modernisierungsprozess mitbestimmten. Globalisierung bedeutete daher keineswegs Homogenisierung. Auch waren westliche oder fernöstliche Formen des Geschichtsdenkens selbst nicht homogen.
Quelle: Iggers, Zwei Seiten der Geschichte, S. 280 f